Mittwoch, 22. Oktober 2008

Einzug in Leeds




Da ich heute einen freien Tag hatte und noch vor den Ferien umziehen wollte, habe ich heute Morgen meine Siebensachen, d. h. zwei grosse Koffer+Rucksack, gepackt, mich von Oakworth auf Nimmerwiedersehen verabschiedet und meine Reise nach Leeds angetreten. Das Umziehen ging einfacher als erwartet und ich hatte keine Probleme, meine zwei Koffer Gassi zu führen. In Leeds habe ich mir dann ein Taxi geleistet. In meiner neuen Bleibe angekommen, lernte ich erstmal Mitbewohner Nummer drei von vier kennen. Danach habe ich mich sofort ans Auspacken und Einrichten gemacht. Die grosse Verschönerung meines Zimmers folgt nach den Ferien, heute musste es ausreichen, mein Gehöft lebensfähig zu machen. Ich habe also die Möbelordnung ein wenig verschoben, so dass mein Schreibtisch nun in meinem kleinen Fenstererker steht und ich bei Tageslicht arbeiten kann. Nachdem ich die Koffer aus- und die Regale eingeräumt hatte, musste ich in die Stadt und mir Bettwäsche kaufen. Leintuch, Kissen, Decke und die jeweiligen Bezüge. Zum Glück fand ich alles recht billig, so schlug dies nicht sonderlich zu Buche. Freude habe ich vor allem an der Grösse des Bettes: im Gegensatz zu den etwa 80cm Bettbreite bei Matthew habe ich hier stattliche 1.20m. Wofür ich mir dann sogleich eine königliche 2x2m Decke zulegte...
Bis jetzt fühle ich mich schon ziemlich wohl hier und ich denke, dass ich mich auch mit meinen Mitbewohnern relativ gut verstehen werde, vorausgesetzt sie machen mir nicht jede Nacht zur Hölle! 

Ein Sonntag in Ilkley






Am letzten Sonntag lud der Wharfedale German Circle (WGC) alle Assistenten aus Yorkshire nach Ilkley ein, um die Stadt und sich gegenseitig ein bisschen kennenzulernen. Wir begannen mit einem Quiz, das uns durch Ilkley führte und uns ein bisschen mit der Geschichte und den Bauten in diesem schönen Dorf bekannt machte. Nach rund einer Stunde waren alle Frage beantwortet und es wurde heisse Schoggi serviert, die man im kühlen und windigen Wetter sehr gerne nahm. Ich verfeinerte die Schoggi mit einem Swiss Muesli Bread aus dem Betty's Café, das meine Erwartungen an Brot ziemlich erfüllte. Danach führten und vier gestandene Herren aus dem WGC in die Hügel um Ilkley, wo die schöne Landschaft von einer schönen Aussicht ergänzt wurde. Einmal mehr stellte sich die Landschaft in Yorkshire als zwar schön, aber doch auch recht karg und monoton heraus.. 
Die Wanderung führte und ins Haus von Marilyn, Kopf des WGC, wo wir mit Tee und selbstgebackenen Kuchen verwöhnt wurden. Ich schlug mir schon da den Bauch ziemlich voll. Blöd guckte ich aus der Wäsche, als nur knappe zwei Stunden später das Abendessen aufgetragen wurde. Es gabt Shepherd's Pie, im Prinzip nichts anderes als Ghackets mit Härdöpfelstock zugedeckt und im Ofen gebacken. Mit Gravy, Erbs und Rüebli macht das aber einen sehr anständigen Znacht! Auf den Dessert mussten wir auch nicht lange warten, es gab Apple und Rhubarb Crumble mit Custard oder Vanilleeis. Wohlgemerkt, es war alles hausgemacht von Marilyn! 
Nachdem ich mir zum dritten Mal den Bauch vollgeschlagen hatte, hatte einer der Herren die Güte, mich zum Bushof zu bringen, wo ich den Bus zurück nach Keighley nehmen konnte. 
Insgesamt war es ein vergnüglicher Tag und es ist schön zu sehen, wie viele jeweils die Möglichkeit wahrnehmen, neue Bekanntschaften zu schliessen. 

Freitag, 17. Oktober 2008

Man lebt sich langsam ein


Nach einer eher zermürbenden Suche nach einem Zimmer in Leeds bin ich nun endlich fündig geworden und habe heute Nachmittag den Vertrag unterschrieben. Das Zimmer ist in einer 5er-WG mit vier Erstsemesterstudenten und liegt sehr zentral, direkt neben der Uni, gute 20 Fussminuten vom Bahnhof entfernt; ich kann also gut auf öffentliche Verkehrsmittel in Leeds verzichten, worüber ich recht froh bin. Natürlich verlängert sich durch meinen Umzug nach Leeds mein Arbeitsweg beträchtlich und ich werde wohl oder übel zum Frühaufsteher mutieren müssen, was durch verschiedene Umstände jedoch wett gemacht wird: Erstens muss ich nur dreimal pro Woche früh raus, da ich am Montag erst am Nachmittag in der Schule sein muss und der Mittwoch ist ja für die Uni in Leeds reserviert, die ich nun direkt neben der Haustür habe. Zweitens sollte durch die zentrale Lage, das allgemeine Leben in Leeds und meine vier Hausgenossen mein Sozialleben nun doch ein wenig Auschwung erhalten, nachdem ich bei Matthew praktisch drei Wochen allein gelassen worden war. Drittens ist mein neues Zimmer auch kostengünstiger als das bei Matthew und allfällige Gäste werden nicht noch extra verrechnet. Wer dies nun als indirekte Einladung ansieht, darf dies gerne tun - jeder und jede sei mir willkommen in Leeds! In Sachen Ordnung und Sauberkeit muss ich meine Standards wohl ein wenig runterschrauben - vier Freshers halten ihre Hütte nunmal nicht so sauber wie ein allein wohnender Coiffeur... Vielleicht kann ich als Stammesältester ja sogar ein paar Impulse geben und ein wenig zu Sauberkeit motivieren (man wird ja wohl noch träumen dürfen!). Mit der neuen Situation bin ich jedenfalls sehr zufrieden (auch wenn sich dieser Zustand dann wahrscheinlich nach Nächten mit einer Studentenparty in der Hütte - mein Zimmer ist direkt neben dem Wohnzimmer - und wenn ich um sechs aufstehen muss, sehr schnell ändern kann). 
Mit diesem neuen Zimmer fasse ich nun so langsam richtig Fuss hier in England und gewöhne mich auch an die neuen Umstände: mittlerweile habe ich alle Klassen, mit denen ich zusammenarbeiten werde, kennengelernt und mit allen Deutschlehrern mal unterrichtet, gestern habe ich mein Bankkonto eröffnet und mit meiner neuen Adresse werde ich dieses Wochenende auch alle notwendigen Formulare ausfüllen können um mich auch polizeilich, steuerlich und krankenkässlich zu registrieren. Und mit der kommenden Routine beschleunigt sich auch der gefühlte Gang der Zeit und nicht mehr jeder Tag fühlt sich wie eine Ewigkeit an - in Anbetracht der noch ausstehenden Fertigstellung meiner Deutscharbeit fast schon wieder ein Nachteil...

Montag, 13. Oktober 2008

York






Für den Sonntag hatten wir uns York vorgenommen. Die kulturell und historisch bedeutsame Stadt liegt etwa eine Zugstunde von Keighley entfernt. Schon von den Römern bewohnt, wurde York zu einer wichtigen Wikingerstadt und stiegt in den darauffolgenden Jahrhunderten zur zweitwichtigsten Stadt Englands nach London auf. York ist auch heute noch, neben Canterbury, einer der zwei Erzbischofssitze in England. In den letzten zwei Jahrhunderten verlor York zwar an ökonomischer Bedeutung, blieb aber kulturell sehr interessant. Hauptattraktion ist das Minster, eine der grössten gotischen Kathedralen Europas. Neben einer sehr hübschen und autofreien Altstadt war auch das neue und sehr modere Wikingermuseum seinen Besuch wert, in dem die Besucher in von der Decke hängenden Wagen durch die nachgebildete Wikingersiedlung Jorvik (=York) gefahren werden, wo nicht nur die Augen, sondern auch die Ohren und die Nase angesprochen werden. Nach einem kurzen Spaziergang zur Burg mit ihrem Turm entlasteten wir unsere Füsse in einem schönen Biergarten, bevor wir in einem kleinen, netten Restaurant mitten in der Altstadt zu Abend assen. 

Leeds





Am Donnerstagabend durfte ich Patricia am Flughafen in Liverpool abholen; sie kam für das verlängerte Wochenende ein erstes Mal zu mir nach Keighley. Am Freitagmorgen musste ich sie jedoch schon wieder alleine bei Matthew zurücklassen, weil ich zur Schule musste, beeilte mich aber, danach so schnell wie möglich wieder nach Hause zu kommen. Da das Wetter mitspielte, unternahmen wir einen ausgedehnten Spaziergang in die Landschaft um Oakworth und kehrten für das Abendessen im Grouse Inn ein, wo die sehr nette Landlady uns zuvorkommend und umsorgend beriet und wir in den Genuss unseres ersten, recht typischen englischen Mahls kamen. Schön und ein wenig unheimlich war auch der Heimweg über windige dunkle Höhen zurück nach Oakworth. 
Am Samstag fuhren wir mit dem Zug nach Leeds. Die "Party- und Shoppingmetropole" zeigte sich an diesem Morgen nicht von ihrer besten Seite und neben dem trüben Wetter schlugen mir eine Absage für ein Zimmer in Leeds und das Kappen meiner Internetverbindung in Oakworth am Abend davor aus Gemüt. Das Internetproblem lösten wir mit mobilem Internet für meinen Laptop, was nicht die billigste, aber wahrscheinlich die sinnvollste Lösung war. Das Wohnungproblem ist noch nicht beseitigt; ich werde mich morgen wieder damit beschäftigen. 
Nach einem Aufmunterungs-Cheesecake machten wir uns wieder auf und erkundeten Leeds ein bisschen weiter. Dass Leeds eine Studentenstadt ist, zeigte sich an der jungen Bevölkerung und den vielen Bars und Cafés; dass es eine Shoppingmetropole ist, war auch nicht sonderlich schwer zu erkennen und so schlugen auch wir uns nicht kurz in verschiedensten Läden rum. 
Für das Abendessen hatten wir ein nett aussehendes Lokal ausgesucht, was wir auch nicht bereuten; das Essen war lecker und ausreichend! Nach einem langen und anstrengenden Tag waren wir froh, zu Hause zu sein. 

Dienstag, 7. Oktober 2008

Die erste echte Evakuation am vierten Schultag

Heute war ein relativ strenger Schultag für mich: ich hatte vier Lektionen (=vier Stunden) Unterricht mit den Sixth Form Zweiergrüppchen. Dies ist insofern anstrengend, weil ich da ständig die Konversation irgendwie im Gang halten muss mit Leuten, die sich eigentlich nur sehr mässig für das Thema (geschweige denn die Sprache!) interessieren. Man bemerkte einen immensen Unterschied zwischen der Motivation und den Fähigkeiten der 12. und 13. Während man die SchülerInnen aus der 13. mehr oder weniger machen lassen kann und sie auch ein paar zusammenhängende Sätze zu Stande bringen, muss man denen aus der 12. ständig einen Schubs in die richtige Richtung geben, sonst kommt da gar nicht. Immerhin denke ich, dass ich mit dieser Form von Unterricht mein und der SchülerInnen Ziel erreichen werde, nämlich, dass sie mehr Vertrauen in ihre eigenen Fähigkeiten entwicklen und das Deutsch, das sie lernen, auch effektiv anwenden. 
Ausgerechnet in meiner einzigen Zwischenlektion wurde das gesamte Schulhaus, zum zweiten Mal seit ich hier bin, evakuiert. Dieses Mal allerdings nicht mehr als Probealarm. Ein Alarm blieb zwar aus, evakuiert wurde trotzdem. Ursache war ein ziemlich intensiver Gasgeruch in einem Treppenhaus, der aus dem Untergeschoss zu kommen schien. Interessanterweise wurden wir nicht durch den uns am nächsten Ausgang geleitet, sondern mussten von einen Ende des Schulhauses scheinbar mitten durch die Gasquelle zum Ausgang am anderen Ende. Nach rund zehn Minuten Stehen im Regen durften wir wieder rein. Am Nachmittag kam dann das email an alle Lehrer, das darüber informierte, woher das Gas kam. Offenbar benutzen Bauarbeiter, die etwas am Dach sanierten, ein bestimmtes Gas, das schwerer ist als Luft und deshalb bis ins Untergeschoss hinabsank, was dann logischerweise so wirkte, als käme das Gas aus irgendeinem Leck dort unten. Bei der Durchführung dieses Manövers kamen weder Menschen noch Tiere zu Schaden. 

Montag, 6. Oktober 2008

Die zweite Woche beginnt

Mein Start in die Woche beginnt netterweise ganz gemächlich, mit nur zwei Stunden Unterricht am Nachmittag; ich habe also den Morgen noch für mich. Die erste Stunde am Nachmittag assistiere ich Roger in einer neunten Klasse mit mehr als 30 SchülerInnen! Der Geräusch- und Ablenkungspegel war dementsprechend hoch und schlussendlich mussten vier SchülerInnen nach der Lektion noch bleiben und mit Roger sprechen wegen 'bad manners.' Immerhin interessierte sich diese Klasse auch ein wenig für mich und beanspruchte auch meine Hilfe. Ich denke, bis das volle Potential meiner Anwesenheit ausgeschöpft werden kann, wird noch eine Weile vergehen, in der sich alle gegenseitig kennenlernen müssen. Danach hatte ich eine weiter Lektion mit zwei Mädchen aus der Sixth Form, von der die eine einen eher nervösen und ständig kichernden Eindruck machte, während die andere eher unwillig im Zimmer sass und meinen Anweisungen Folge leistete (was sie immerhin tat!). Insgesamt werde ich mir sehr viel Gesprächsthemen ausdenken müssen, um jede Woche eine Stunde mit Interaktion und Konversation füllen zu können... andererseits reicht dafür eine vorbereitete Stunde für fünf verschiedene Sitzungen; Aufwand und Ertrag halten sich also in etwas die Waage. Morgen werde ich vier Stunden nur Sixth Form unterrichten, was schlussendlich wahrscheinlich eher ermüdend sein wird. Das ist aber nur der Übergangsstundenplan; wenn dann nächste Woche der richtige einsetzt (der für zwei Wochen gilt, sprich ich habe in Woche A einen Stundenplan, in Woche B einen anderen, dann wieder A, etc.), werden sich die Stunden mit der Sixth Form und die Stunden in Klassen in etwa die Waage halten, was das Unterrichten dann auch für mich interessanter machen wird. 
Nach der Schule besuchte ich zum ersten Mal den Fitnessraum der Schule, der allen Lehrkräften nach der Schulzeit zur Verfügung steht. Zu meiner Überraschung ist er relativ gut ausgestattet und so habe ich meine Nachmittagsbeschäftigung schon gefunden und muss um fit zu bleiben kein weiteres Geld mehr aufwenden. 

Sonntag, 5. Oktober 2008

Video vom Worth Valley

Ich habe ein heute aufgenommenes Video des Worth Valleys auf youtube gestellt unter 


In diesem Tal waren auch die Brontë Schwestern zu Hause und die meisten ihrer Bücher spielen hier. 

Das erste Wochenende


So neigt sich denn bereits mein erstes Wochenende in England seinem Ende zu; viel habe ich zugegebenermassen nicht gemacht, einerseits, weil es nicht sonderlich viel zu tun gibt in der ganz nahen Umbegung und andererseits, weil ich zu faul war. Gestern Samstag hat es praktisch den ganzen Tag geregnet, so wurden auch meine Pläne für einen nachmittäglichen Joggingausflug durchkreuzt. Immerhin habe ich meine erste Ladung Wäsche waschen und die Vorteile des Skype-Videochats erkunden können. Matthew war auch am Samstag nicht länger zu Hause als an einem normalen Wochentag, sprich ich hatte praktisch den ganzen Tag das Haus für mich. 
Heute schien ausnahmsweise mal die Sonne und bis ich mich von meiner Morgenlektüre erhob, hatte Matthew schon das halbe Haus geputzt und meine Wäsche, die ich gestern Abend in der Wohnung aufgehängt hatte, nach draussen in die Sonne gehängt. Der Sonne frönend schnallte ich meine Joggingschuhe an und die Kamera um und machte mich auf den Weg. Landstrassen, die sich gut zum Joggen eignen, gibt es ja hier zur Genüge. Erneut und im Sonnenschein umso mehr wurde mir die Schönheit, aber gleichzeitig auch die Kargheit und Öde der Landschaft um Keighley und Oakworth vor Augen geführt. Ich kam am Grouse Inn vorbei, das mit einer traumhaften Aussicht über das Worth Valley und mit grossartigem Essen (laut eigenen und Matthews Aussagen) punkten kann. Ich werde diesem Inn definitiv mal einen Besuch abstatten, wenn es das Wetter denn zulässt und ich mich meines Alleingangs entledigt habe. Es scheint jedenfalls nicht nur mich beeindruckt zu haben, war der Parkplatz doch voll mit Autos...

Freitag, 3. Oktober 2008

Zweiter Schultag

An meinem zweiten Schultag musste ich schon für die erste Lektion, die allerdings netterweise erst um 9 Uhr beginnt, antanzen. In dieser ersten Lektion lernte ich die zweite von drei 11. Klassen kennen, mit denen ich zu tun haben werde. Ihr Deutschlehrer ist Roger, der Leiter der Modernen Fremdsprachen. Roger schlägt einen strikteren Ton als Rachel an, was angesichts der Motivation und des Benehmens der SchülerInnen aber auch notwendig ist. Die Leistungsunterschiede innerhalb der Klassen sind frappant: einige SchülerInnen können völlig selbständig und still arbeiten, während andere quer durchs Klassenzimmer miteinander reden oder untätig auf ihren Stühlen sitzen. Eine Schülerin betrachtete das Aufstehen und Tanzen während der Lektion als gute Idee und wurde konsequenterweise aus dem Zimmer gesandt. Ganz allgemein ist der Umgang mit den SchülerInnen sehr viel militärischer. So zitierte Rachel am Nachmittag kurzerhand eine ganze Klasse zurück in den Korridor, nachdem sie mit dem Betreten des Klassenzimmers und dem Einnehmen der Plätze nicht zufrieden gewesen war. Auf dem Korridor wurde die Klasse dann zurechtgewiesen, bevor sie das Schulzimmer wieder, ordentlich und ruhig, betreten durfte. Beim Verlassen der Schule ging ich dann an einer Schülerin vorbei, die gerade von einem Lehrer mit den folgenden Worten in die Mangel genommen wurde, nachdem sie anscheinend Kaugummi gekaut hatte: "Now go back in, shut up and listen!" 
Die zweite Lektion hatte ich frei und vertrieb mir die Zeit mit einem Buch, das ich in weiser Voraussicht mitgenommen hatte. In der dritten und vierten Lektion konnte ich meine ersten Erfahrungen mit den Schülern aus der Sixth Form machen. Die Sixth Form ist in etwa vergleichbar mit dem Gymnasium und bereitet auf das Universitätsstudium vor. Da in der Sixth Form eine erste Selektion schon stattgefunden hat, d. h. nur die SchülerInnen dahingehen, deren Leistungen ein Studium überhaupt zulassen, ist die Stimmung ganz anders. Die SchülerInnen der Sixth Form sind in einem anderen Gebäude untergebracht, haben grossteils separate Lehrer, unterliegen nicht der Uniformspflicht und sind mit den Lehrern meist per Du auf sehr kollegialer Basis. Während mein Unterricht mit den Klassen in den Jahren 7 bis 11 darin besteht, die vier Deutschlehrer im Klassenverband zu assistieren, unterrichte ich die SchülerInnen der Sixth Form ohne anderen Deutschlehrer, aber nur in Zweiergruppen. Das heisst, ich erteile im Prinzip Intensivunterricht mit Schwerpunkten auf Hörverständnis und Sprechen. Dies erfordert zwar einiges mehr Vorbereitung; ich kann den vorbereiteten Stoff aber in jeder der sechs Sitzungen wöchentlich anwenden. Von den Deutschkenntnissen der Sixth Form Schülerinnen, die ich heute hatte, war ich positiv überrascht und ich hoffe, dass sie auch von meiner Arbeit profitieren können. 
In einem Gespräch mit Rachel (meiner Mentorin) wurde dann klar, dass ich bei ihr in guten Händen bin und sie sehr darum bemüht ist, dass sowohl Schüler wie auch Lehrer und nicht zuletzt ich von meiner Anwesenheit profitieren. Dies scheint, wie ich aus verschiedenen Quellen erfahren habe, mit dem letztjährigen Assistenten nicht funktioniert zu haben. Ich bin deshalb umso motivierter, mich möglichst gut zu verkaufen um das 'Ansehen' der Sprachassistenten an der Oakbank School zu retablieren. 

Donnerstag, 2. Oktober 2008

Der erste Schultag







Heute war mein erster Schultag an der Oakbank School. Auf dem Stundenplan standen eine 9. und eine 11. Klasse, zusammen mit Rachel, meiner Mentorin, im Klassenzimmer, dazwischen eine Stunde mit zwei Jungs aus der 13. Die aus der 13. kamen aus organisatorischen Gründen nicht, so bestand mein Tag aus den zwei Stunden mit den jüngeren Klassen. Beide waren eine positive Überraschung, was nicht heissen soll, dass sie brav oder sehr gut waren, aber irgendwie hat es Spass gemacht (Rachels Lieblingssatz: "You're getting on my nerves."). Die 11. Klasse, die ich am Nachmittag hatte, ist sich auf ihre Prüfung im Mai am Vorbereiten, welche aus einer Präsentation und einem Interview mit Fragen aus einem Fragenkatalog besteht. Die Stimmung am Nachmittag war sehr viel lockerer und die Schüler scheinen mehr oder weniger Freude am Deutsch zu haben. 
Nach der Schule ging ich mit Catherine, der Französischassistentin, ins Zentrum von Keighley um noch ein paar Dinge zu erledigen und Keighley ein wenig besser kennen zu lernen. 
Bei einem nachmittäglichen Joggingausflug in die Hügel um Oakworth nahm ich die geposteten Fotos auf, welche zeigen, dass Keighley alles andere als eine Grossstadt ist; man fühlt sich nur 20 Joggingminuten von Oakworth entfernt schon ins tiefste Hinterland von Schottland versetzt, inmitten von Kühen, Schafen und Bauernhöfen...

Mittwoch, 1. Oktober 2008

Keighley und die Oakbank School

Keighley befindet sich in West Yorkshire und ist eine Stadt, die mit den umliegenden Dörfern auf etwa 50'000 Einwohner kommt. Die Gegend ist sehr ländlich mit viel Gras und Wiesen und das Wetter ist im Moment sehr windig und regnerisch. 
Die Oakbank School ist eine riesige Schule mit 1800 SchülerInnen in den Schuljahren 7 bis 13, d. h. sie sind zwischen 11 und 18 Jahre alt. In meinen 12 Stunden Unterricht pro Woche werde ich teilweise in Zweiergruppen mit den Jahren 12 und 13 arbeiten, teilweise die Lehrpersonen in den Jahren 7 bis 11 assistieren. Von meinem Zuhause bis zur Schule gehe ich zu Fuss etwa 40 Minuten, ins Zentrum von Keighley eine gute Stunde. Es gibt natürlich auch Busse, die ich bis jetzt aber noch nicht ausprobiert habe. 
Es gibt im Moment noch viel zu organisieren, d. h. ich muss herausfinden, wo ich Sport treiben kann, muss mich polizeilich registrieren, eine englische SIM-Karte kaufen, eine RailCard machen lassen, etc. etc. Es gibt noch viel zu tun...

Anfänge in England





So kam ich also am Montag Spätabends in meinem neuen Zuhause in Oakworth/Keighley an. Das Wetter begrüsste mich auf typisch englische Weise mit viel Wind und Regen und hat sich seither auch nicht geändert. Ich wohne mit Matthew, dem Sohn einer Lehrerin, in seinem winzigen Reihenhäuschen: Wohnzimmer und Küche im Erdgeschoss, zwei Schlafzimmer und Badezimmer im 1. Stock. Er hat einen Haarsalon in Oakworth und ist sehr hilfsbereit. Nachteil der Unterkunft ist, dass es im ganzen Hause keinen Stuhl hat; wenn Matthew isst, dann auf der Couch vor dem Fernseher oder bei seiner Freundin. Ich lümmle mich also für Lektüre, Vorbereitung oder Surfen aufs Sofa. Ein weiterer Nachteil ist der Alarm im Haus, den ich gestern erst mal hochgehen lassen habe. Das normale Vorgehen ist, dass man den Alarm aktiviert, sobald man aus dem Haus gehen will. Man drückt eine Zahlenkombination und hat dann etwa fünf Sekunden Zeit, das Haus zu verlassen, da der Alarm mit einem Sensor auf Bewegung reagiert. Offenbar war ich nicht schnell genug oder habe sonst einen Fehler gemacht, jedenfalls wurde der Alarm immer nervöser und schrillte schliesslich durch die halbe Nachbarschaft, bevor ich wieder ins Haus rennen und ihn abschalten konnte...
Vorteile bei Matthew gibt es einige. Das Haus scheint erst kürzlich renoviert worden zu sein, die Küche und das Bad sind modern eingerichtet und Matthew hält alles sehr sauber und ordentlich. Internet kann ich kabellos von irgendeinem Nachbar anzapfen, der ungeschützes wireless hat. Im Fernsehen läuft Sky (=paytv), sprich ich empfange Serien bis zum Umfallen; von den Simpsons und Family Guy über Scrubs, Emergency Room und Grey's Anatomy bis zu den Gilmore Girls, Sex and the City und O. C. California. Mein Zimmer ist klein und sehr spärlich ausgestattet, ein kleines Bett, eine Kommode und ein Brett über dem Bett mit Matthew's Cricketauszeichnungen. Ein Schreibtisch wäre praktisch gewesen, aber naja. 
Ich bin jedenfalls froh, erst mal eine vorübergehende Bleibe zur Verfügung gestellt zu bekommen, vor allem, weil es halt voll ausgestattet ist hier mit Fernsehen, Küche, Bad, Waschmaschine, Internet, etc...