Sonntag, 7. Dezember 2008

Saltaire






Gestern fand der von der Uni organisierte Ausflug nach Saltaire statt. Saltaire ist eine vom Unternehmer Titus Salt (aus dessen Namen, zusammen mit dem Namen des Flusses, an dem es liegt, sich der Name der Stadt ergibt) im 19. Jahrhundert ins Leben gerufene Arbeiterstadt. Salt hat eine komplette Stadt mit Fabrik, Häusern, Krankenhäusern und sozialen Etablissements von null auf erbaut. Die Fabrik war zum Zeitpunkt ihrer Entstehung die grösste in Europa und diente der Wollverarbeitung. Die Stadt war sowohl architektonisch wie auch sozial ihrer Zeit voraus und steht heute unter Denkmalschutz. Salt war reich geworden, indem er statt der normalen Schafswolle mit Alpacawolle arbeitete, aus der er feinere Stoffe herstellen konnte. Er bot seinen Arbeitern mit neuen Häusern, Gesundheitswesen und anständigem Lohn sehr viel, erwartete im Gegenzug dazu aber auch die Kooperation seiner Untergebenen. So war zum Beispiel Alkohol in der ganzen Stadt verboten und tatsächlich öffnete das erste Pub in Saltaire erst vor wenigen Jahren! Dazu gab es an der Hauptstrasse einen kleinen Turm, dessen oberster Teil rundum verglast war, von wo aus ein Wachtposten die Strasse überwachen konnte. Eine frühe Form von CCTV gewissermassen. 
Wir begannen unseren Ausflug im benachbarten Shipley, von wo aus wir entlang des Liverpool-Leeds-Kanals nach Saltaire gingen und uns dort die zu ihrer Zeit neuartige Bauweise der Häuser anschauten und die Fabrik besichtigen konnten. Die Fabrik ist heute ein grosses Unterhaltungszentrum mit einem Restaurant, einem Café, einer ständigen Ausstellung der Kusnt von David Hockney und verschiedensten Geschäften von der Bücherei über Designerhaushaltsartikel bis zu einem Floristen. Man kann effektiv Stunden in dieser Fabrik verbringen und wenn es langweilig wurde, so war es zumindest warm. 
Bevor wir den Zug zurück nach Leeds nahmen, nutzen wir das schöne Wetter noch für einen kurzen Rundgang durch den Park. 

Donnerstag, 4. Dezember 2008

Schneefrei





Als ich heute morgen aus dem Fenster schaute, fielen dicke Schneeleintücher vom Himmel und die Welt lag unter einer etwa fünf Zentimeter dicken Schneedecke. Während meiner morgendlichen Routine hoffte ich im Stillen, dass wegen des Schnees entweder der Zug ausfallen oder die Schule abgesagt würde. Das Internet meinte, alle Züge würden fahrplangemäss fahren, die erste Hoffnung war also zunichte gemacht. So begab ich mich also durch den Neuschnee/Schneematsch auf den Weg zum Bahnhof, wo ich zu meinem Erstaunen feststellen musste, dass effektiv alle Züge fahrplanmässig und sogar pünktlich fuhren. Ich bestieg also meinen Zug und setzte mich in Richtung Keighley in Bewegung. Nach etwa 15 Minuten Fahrt kam dann das sms von Roger, der mir mitteilte, dass die Schule heute geschlossen bleibe wegen des Schnees. Sehr offensichtlich können die Engländer also effektiv nicht mit Schnee umgehen und so kam ich zum ersten Mal in meinem Leben in den Genuss eines wetterbedingten freien Tags. Ich stieg also beim nächsten möglichen Bahnhof aus, begab mich aufs andere Gleis und auf die Reise zurück nach Leeds, wo ich den Schnee und meinen freien Tag geniessen konnte. Meine asiatischen Nachbarn hatten dermassen Freude am Schnee, dass sie um sieben Uhr morgens schon draussen am Fotos schiessen und Schneeballschlachten machen waren und bei meiner Rückkehr ein netter Schneemann vor ihrem Haus stand. Mittlerweile hat es aber wieder ein wenig getaut und der meiste Schnee ist schon wieder weg. Was in Anbetracht der matschigen Gehsteige vielleicht gar nicht so übel ist. 

Mein 26-jähriges Alter Ego am Biertest

So bin ich also gestern auf dem Heimweg, als mich eine Frau mitten auf der Strasse anspricht und mir mitteilt, sie seien noch verzweifelt auf der Suche nach Männern im Alter von 25 bis 35 Jahren, die an einem Biertest teilnehmen würden. Auf meinen Einwand, dass ich doch erst 24 sei, erwidert sie, ich sehe eh älter aus (welche Überraschung!) und für heute Abend könne ich ruhig mal 26 sein. Gesagt, getan. Ich nahm also an einem zweitägigen Test für ein neues Bier von Fosters teil. Der bestand darin, dass ich gestern und heute je drei Pints neues Fosters trank und dazu einen Fragebogen ausfüllen musste. Darin kamen Fragen vor wie "Was hat dir am Bier geschmeckt/nicht geschmeckt?" - "Würdest du es im Laden kaufen?" - "Wie viele von 10 Getränken, die du im Supermarkt kaufen würdest, wären Fosters?" - "Wenn du zu Hause an einer Party wärst, wie viele Fosters würdest du im Verlauf des Abends noch trinken?" etc. Zusätzlich zu insgesamt also sechs Pints Fosters (das ich sowieso mag) bekam ich noch 25 Pfund 'Entschädigung' und konnte heute sogar noch ein weiteres Buch auf meiner Leseliste abhaken, das ich während des Trinkens las. Insgesamt also eine ganz nette Erfahrung.

Mittwoch, 3. Dezember 2008

A Yorkshire Welcome

Heute gab ein Einheimischer eine Vorlesung über den lokalen Dialekt und stellte dabei dieses von ihm selber geschriebene Lied vor: 

Advertising jingle: The ideal location for your vacation
   Is wonderful welcoming Yorkshire

That can't be right, sir... How about this?
If you think of Yorkshire when you think of holiday
You're very welcome to stay away

It's full of louts and layabouts and surly flat-capped peasants
Who if they have a word for you, it's bound to be unpleasant
If upset they may turn violent and vicious
And by the way - better watch yer 'andbad, missus

If you think of Yorkshire, maybe you'll remember this
That you're very welcome to give it a miss

Your Yorkshire hospitality is only wishful rumour
The Tykes are Scots with trousers on but without a sense of humour
We are gawmless galloots, unshaven foulmouthed blackguards
Uncultered brutes, we're yokels, yobs, we're wazzocks

If you visit Yorkshire, from Rotherham to Reeth
You're very welcome to keep it brief

If you ever want to feel unwanted we can recommend it
If you're saving up for a rainy day, this is the place to spend it
'Cos the rains lash down, and soak you soft off-cummed 'uns
And those not drowned, can sod off back to London

Das ist also die Eigenbetrachtung der Leute aus Yorkshire und ihr Verhältnis zu Auswärtigen. Und hierher hat es mich verschlagen... 

Dienstag, 2. Dezember 2008

England und Schnee

Heute Morgen lag zu meiner Überraschung eine dünne Schicht Matsch auf den Strassen. Mich kümmerte das natürlich nicht weiter, abgesehen davon, dass ich beim Gehen ein wenig besser aufpassen musste. Die Verspätung meines Zuges um fünf Minuten führte ich auch nicht auf den Schnee zurück. Den englischen Umgang mit Schnee erkannte ich erst in Keighley, als ich den gewohnten Bus zu meiner Schule nehmen wollte. Der kapitulierte nämlich vor den fünf Zentimetern Schnee, der auf den Strassen lag und beschloss, gar nicht erst zu fahren. So musste ich also auf einen anderen Bus umspringen, der uns über eine andere, weniger hügelige Route von unten an die Schule brachte. Soweit, so gut. Ich erreichte die Schule zwar später als sonst, aber immernoch rechtzeitig. Ein erstes Mal überrascht wurde ich in der Schule, als von acht LehrerInnen gerade mal zwei anwesend waren. Entsprechend hektisch versuchten die dann auch, Ordnung in das Lehrermangelchaos zu bringen und so wurde ich kurzerhand alleine in Rogers siebte Klasse gestellt und musste mit denen ein Arbeitsblatt durcharbeiten, das sie aber scho letzte Woche gemacht hatten. Ein wenig Repetition kann ja nicht schaden, dachte ich mir. Da die SchülerInnen das Blatt aber schon mal gelöst hatten, waren die ersten nach etwa zehn Minuten fertig und so hiess es für mich, die verbleibenden 50 Minuten zu improvisieren. Irgendwann trudelte dann auch Roger ein, der für seinen Schulweg von Manchester nach Keighley 2 3/4 Stunden gebraucht hatte und 45 Minuten zu spät zur Schule kam. Rachel erschien wegen dem Schnee überhaupt nicht und die meisten anderen Lehrer kamen nach und nach. Als es am Nachmittag wieder zu schneien anfing, war das Chaos perfekt. Autos wurden verlassen und Heimwege zu Fuss durch den Schnee(matsch) zurückgelegt, Busse wurden stehengelassen, Züge fielen aus und auf der Strasse war eine einzige Rutschpartie. Ich betrachtete die Situation mit der nötigen Gelassenheit und einem gewissen Amusement, bis mir mitgeteilt wurde, dass die Züge zwischen Keighley und Leeds nicht fahren würden und ich um meine Heimkehr bangen musste. Roger tätigte dann allerdings einige Telefonate und fand heraus, dass der Ausfall der Züge ein Gerücht war. So konnte ich also schlussendlich ganz normal nach Hause kehren, sogar ohne Verspätungen. 
Es war aber sehr amüsant mitzuerleben, was fünf Zentimeter Schnee so alles anrichten können!

Eine Woche mit Patricia

Letzten Mittwoch hatte ich das grosse Vergnügen, mich Richtung Manchester in Bewegung versetzen zu können und dort am Flughafen Patricia in Empfang zu nehmen. Sie blieb für fast eine ganze Woche und wir genossen einfach das Beisammensein, ohne gross auf Reisen zu gehen. Am Donnerstag und Freitag musste ich arbeiten, sprich das Haus morgens früh verlassen um erst am späteren Nachmittag wieder zurückzukommen. Die Abende versüssten wir uns mit gemeinsamem Kochen und Essen und DVD-Schauen. Am Freitagabend wollte ich Patricia zum Inder ausführen, verirrte mich aber und so gingen wir an einer Kreuzung statt 200 Meter nach rechts zum Inder etwa 3000 Meter nach links zurück ins Zentrum von Leeds, entlang einer hässlichen Strasse durch die Kälte. Immerhin entschädigte das Latino-Amerikanische Restaurant, das wir dann fanden, uns für das verpasste Curry, wenn auch Patricias Sirloin Steak in Kohle mariniert worden zu sein schien. 'Chargrilled' sagt man dem dann wohl.
Am Samstag wagten wir uns ins vorweihnachtliche Shoppinggetümmel in Leeds. Im einen Kaufhaus mussten wir uns einfach der Menschemasse hingeben und dem Strom folgen, bis wir dann befanden, dass uns dies zu dumm war und wir doch erstens unseren Weg selbst bestimmen und zweitens nicht den ganzen Tag in diesem Warenhaus verbringen wollten. So bahnten wir unseren Weg mit einigen Zwischenstops zum Clarence Dock, wo viele tolle, aber teure Geschäfte erst sehr kürzlich eröffnet wurden und es deshalb praktisch keine Leute hatte. Ein enormer Kontrast zur Fussgängerzone! Nicht einmal im Starbucks, wo wir uns wärmten, mussten wir Schlange stehen. 
Am Sonntag legten wir einen gemütlichen Tag ein, gingen Einkaufen, buken drei verschiedene Sorten Guetzli, schauten eine DVD und starteten am Abend den zweiten Versuch, Indisch Essen zu gehen. Diesmal funktionierte alles wie geplant und wir erreichten das Restaurant schnell und pünktlich. Das Essen war gewohntermassen und erwarteterweise lecker. 
Am Montagabend genossen wir dann einfach noch unser Beisammensein, bevor ich Patricia am frühen Dienstagmorgen zwecks Schule alleine in der Wohnung zurücklassen musste, von wo aus sie später den anstrengenden und nervenaufreibenden Weg zum Flughafen in Manchester in Angriff nahm, wo sie aufgrund des verspäteten Busses um ein Haar den Flug verpasste. Es ging aber alles noch einmal gut und so gehen wir für die nächsten gut zwei Wochen wieder getrennte Wege.